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DIE BLÜTEZEIT HÖFISCHER MUSIKPFLEGE IN INNSBRUCK

Geistliche Chormusik aus der Zeit um 1540 – 1640, damaliger Musizierpraxis
entsprechend mit Instrumenten“

Seminarbeginn: Freitag 27.09.2024 um 12:30 h
Abschlusskonzert: Sonntag 29.09.2024 um 16:00 h

Musik aus der musikalischen Hochblüte des Innsbrucker Hofes zwischen 1570 – 1640. 4-stimmige Hymnen, 5- bis 8-stimmige und mehrchörige Werke von A. Utendal, B. Amon, J. Regnart, S. Bernardi, Sartorius, J. Stadlmayr. u. a..

Instrumentalwerke für Zinken, historische Posaunen, Doppelrohrblatt-Instrumente.

Referenten:
Pietro Modesti, Schola Cantorum Basel – Zink
Cameron Drayton – Barockposaune
Bernhard Stilz, Saarbrücken – Doppelrohrblatt-Instrumente
Henry van Engen, Schola Cantorum Basel – Chor- und Ensembleleitung
Lorenz Bozzetta – Continuo

Gesamtleiter:
Marian Polin, Bozen

Referentenportraits


Bilder

Rückblick

Eindrücke einer Teilnehmerin am Seminar „Cantare et Sonare“ in Innsbruck

Meine Vorfreude auf das heurige Herbstseminar war groß: Die Aussicht, der Blütezeit meiner Geburtsstadt Innsbruck als Residenz und Musikmetropole des 17. Jh. durch das Singen von Originalliteratur am Originalschauplatz Hofkirche nachspüren zu dürfen, hatte etwas Einmaliges! Das ging anscheinend nicht nur mir so, denn das Seminar war ausgebucht.

Das Haus der Musik bot sich als optimal gelegen zum Proben an. Etwas in Sorge war ich wegen der zeitgleich dort stattfindenden Tagung für Kinder-und Jugendchorleitung des Chorverband Tirol, die mit 120 Teilnehmern ebenfalls ausgebucht war. Wenn das nur kein Chaos gibt bei so vielen Leuten! Die beiden Gruppen prallten dann am Freitagnachmittag im 5. Stock auch erst mal aufeinander, aber irgendwann wussten dann alle auch ohne Beschriftung, welches unser Probesaal war. Ebenfalls ungewohnt für „Stammteilnehmer“: Für die Pausenverpflegung und den nötigen Koffeinspiegel musste diesmal – wie in der Ausschreibung erwähnt – von jedem selbst gesorgt werden.

Die erste Probeneinheit des Gesamtchors verlief gleich vielversprechend. Wir durften den Gesamtleiter Marian Polin und Chor-und Ensembleleiter Henry van Engen kennenlernen. Danach probte jeder der beiden mit „seinem“ Teilchor weiter, denn Doppelchörigkeit war angesagt!

Nach einem frühen wohlschmeckenden Abendessen durften wir uns dann bei einem Konzert der Innsbrucker Hofmusik in der Hofkirche unter Mitwirkung unserer Referenten entspannen. Im Mittelpunkt von „De beata vergine 1624“ standen doppelchörige Vesperpsalmen von Stefano Bernardi, welche teilweise von uns in den nächsten zwei Tagen einstudiert werden sollten. Die beiden Klanggruppen waren auf den zwei gegenüberliegenden Emporen im Presbyterium positioniert. Ein wunderbares Erlebnis und eine tolle Leistung von Marian und seinem Ensemble!

Der Samstag gestaltete sich dann wirklich intensiv. Vormittags eine Teil- und eine Tuttiprobe. Wer auf die Mittagsruhe verzichtete, konnte an einer wirklich interessanten Führung in der Hofkirche mit Dr. Franz Gratl (Kustos der Musiksammlung des Tiroler Landesmuseums) teilnehmen. Nachher folgte wieder eine dreistündige Arbeitsphase, und schließlich um 20 Uhr die Stunde der Wahrheit: Abendprobe in der Hofkirche! Eine Sänger- und Musikergruppe mit dem Orgelpositiv auf der Brückenempore in der Mitte der Kirche und die zweite auf der hinteren Orgelempore – dazwischen 25m Luft! Schnell wurde jedem klar, dass das die ungleich schwierigere Situation war als am Freitag für die beiden Gruppen im Presbyterium. Schon die akustische Verständigung zwischen den beiden Chorleitern war über diese Entfernung mühsam. Jeder Chor musste sich beinhart nur auf seinen Dirigenten konzentrieren, ja nicht auf den anderen Chor horchen, sonst war man schon zu spät und alles brach auseinander. Der Dirigent von Chor 2 muss visuell die Bewegungen des Kollegen von Chor 1 übernehmen um Gleichzeitigkeit zu erreichen. Ganz besonders schwierig war das eine Stück, bei dem die Gruppe mit dem Orgelpositiv den Part 2 zu übernehmen hatte. Irgendwie waren alle schon müde, aber mit bewundernswerter Disziplin aller Beteiligten wurde die Probe durchgezogen. Ich persönlich war sehr erschöpft und skeptisch, ob das im Konzert am nächsten Tag funktionieren würde!

Neuer Tag, neue Chance: ausgeschlafen und entspannt schöpften wir in den Vormittagsproben wieder Hoffnung. Die Stücke liefen immer besser! Die beiden Dirigenten hatten aus den Erfahrungen der Abendprobe ihre Schlüsse gezogen und Tempo und Dirigierweise an die akustischen Verhältnisse angepasst. Auch bei der Generalprobe in der Hofkirche funktionierte die Sache nun! Das anschließende Konzert war sehr gut besucht und das Publikum reagierte begeistert. Wie gerne wäre ich auch unten gesessen und hätte dieser Klangwirkung gelauscht!

Die zweieinhalb Tage der Herbstseminare vergehen immer viel zu schnell und wir sind gewohnt, das Abschlusskonzert als „work in progress“ zu sehen. Diesmal ist uns aber meiner Meinung nach Außergewöhnliches gelungen. Die Aufgabenstellung war sehr mutig, doch durch die hervorragende Arbeit aller Referenten ist die Sache aufgegangen. Für mich wieder einmal ein „einmal im Leben“ – Erlebnis durch Cantare et Sonare, für das ich sehr dankbar bin!

Mag. Renate Hohenegger
Landesfinanzreferent Stv., Chorverband Tirol